Prof. Dr. Martin Schwab
martin.schwab@uni-bielefeld.de
mieterstadt.de – Netzwerk für soziales Wohnen und bürgernahe Stadtentwicklung e.V.
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Bielefeld und Berlin, den 15. Dezember 2017
Sehr geehrter Herr Regierender Bürgermeister, sehr geehrter Herr Müller,
sehr geehrter Herr Senator, sehr geehrter Herr Behrendt,
sehr geehrte Frau Senatorin, sehr geehrte Frau Lompscher,
sehr geehrter Herr Senator, sehr geehrter Herr Kollatz-Ahnen,
in den letzten Wochen haben Objekte des öffentlich geförderten Sozialen Wohnungsbaus im Bezirk Neukölln erhebliche Aufmerksamkeit in den Medien gefunden. Die 99 Mietparteien der Sozialwohnungen in der Manitiusstraße 17-19 und am Maybachufer 40-42 sind von dramatischen Mieterhöhungen bedroht.
Hier offenbart sich eine Fehlstellung bei den Vorschriften zur Berechnung der Kostenmieten im Sozialen Wohnungsbau, in der sogenannten II. Berechnungsverordnung, die nicht nur der Bewohnerschaft dieser Objekte zum Nachteil gereicht, sondern eine derzeit nicht überschaubare Vielzahl an weiteren Mieterhaushalten bedroht. Die Fehlstellung besteht darin, daß den Vermietern nach geltender Rechtslage erlaubt ist, Zinsen auch für bereits zurückgezahlte Darlehensbeträge in die Berechnung der Mieten einfließen zu lassen. Da diese Zinsen nicht an Darlehensgeber abgeführt werden, sondern bei den Vermietern verbleiben, entstehen hierdurch sogenannte Entschuldungsgewinne.
Diese Fehlstellung bietet nicht nur Raum für unnötig hohe Mieten im Sozialen Wohnungsbau, sondern birgt außerdem die Gefahr, daß die betreffenden Objekte am Ende der Belegungs- und Mietpreisbindung mit überteuerten Mieten irreparabel ins Vergleichsmietensystem entlassen werden und sich dort negativ bemerkbar machen.
Bei den Objekten, bei denen die Bindungen zum Jahresende 2017 entfallen – dazu gehören die eingangs erwähnten Objekte in Neukölln -, ist besonders rasches Handeln geboten: Wenn den Vermietern nicht noch in diesem Jahr verboten wird, bei der Berechnung der Kostenmieten Zinsen auf getilgte Darlehen anzurechnen, drohen den Betroffenen Mieten in wirtschaftlich nicht erforderlicher Höhe.
Zumindest für die Mieter der Sozialwohnungen in der Manitiusstraße und am Maybachufer steht eine juristische und finanzielle Hängepartie bevor: Hier ist gerichtlich ungeklärt, ob der Vermieter vom Erhalt der Anschlussförderung bis heute wirksam auf die Entschuldungsgewinne verzichtet hat oder ob er den Mietern diese der II. Berechnungsverordnung entsprechend in Rechnung stellen darf. Die Erfahrung lehrt, dass, um dieser Unsicherheit zu entgehen, viele Mieterhaushalte wohl ihre Wohnungen aufgeben werden. Um dies effektiv zu vermeiden und die Sozialwohnungen für die Betroffenen unabhängig vom Ausgang der verwaltungs- und zivilgerichtlichen Entscheidungen zu sichern, muss der jetzige Rechtszustand korrigiert werden.
Wir erlauben uns daher, Ihnen unseren Entwurf für eine Rechtsverordnung vorzulegen, mit der die Berechnung der Kostenmieten von Sozialwohnungen in Berlin hinsichtlich der Geltendmachung von Entschuldungsgewinnen repariert werden kann. Würde diese Verordnung vom Berliner Senat noch in diesem Monat beschlossen und sofort in Kraft gesetzt, könnte nicht nur den Mietern geholfen, sondern auch die Steuerzahler entlastet werden. Einzelheiten entnehmen Sie bitte den beigefügten Erläuterungen zum nachstehenden Verordnungsentwurf.
Um etwaigen Missverständnissen vorzubeugen, stellen wir klar, dass mit der vorgeschlagenen Regelung selbstverständlich nicht alle Probleme des Sozialen Wohnungsbaus Berliner Prägung gelöst werden können. Vielmehr ist unser Vorschlag als eine Art Notfallmaßnahme zu verstehen.
Wir bitten Sie daher, anliegenden Verordnungsentwurf wohlwollend zu prüfen, nach Möglichkeit noch in der Senatssitzung am 19.12.2017 zu beschließen und noch im Dezember in Kraft zu setzen.
Für etwaige Rückfragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Prof. Dr. Martin Schwab
Ulf Glandien (für mieterstadt.de)
Schwab mieterstadt.de – Entwurf Rechtsverordnung 15. Dezember 2017